hands on - care
Sommersemester 2023
Im Semesterprojekt „hands on – care“ wurden Konzepte und Entwürfe im Bereich der medizinischen Fürsorge entwickelt. Der Schwerpunkt lag auf der Gestaltung gegenständlicher, „klassischer“ Produkte.
Ein neues Selbstverständnis aufgeklärter und selbstbestimmter Patientinnen, aber auch die hohen Kosten komplexer Funktionseinheiten wie Krankenhäuser oder Kliniken legten nahe, medizinische Behandlungen, Rehabilitationsmaßnahmen oder Monitorings in den Alltag und das persönliche Umfeld der Menschen zu verlagern. Neue Technologien, Vernetzung und Miniaturisierung sind so weit fortgeschritten, dass das in den meisten Fällen möglich war.
Der konkrete inhaltliche Rahmen von „hands on – care“ war also medizinische Fürsorge und Prävention im privaten Umfeld oder unterwegs. Das konnten zum Beispiel die Dialyse während eines Ausflugs mit Freundinnen sein, die Überwachung der Blutzuckerwerte beim Bouldern oder die Unterstützung einer gesunden Körperhaltung beim Arbeiten.
Nach (Field-) Research und einem Einstiegs-Workshop zur schnellen Konkretisierung des eigenen Themas lag der Fokus auf der Gestaltung eines physischen Produkts. Die Einbindung in das persönliche Umfeld veränderte auch die Anforderungen an die Gestaltung: Wie können Produkte sowohl in der Handhabung als auch in der Wahrnehmung alltagstauglich werden und Stigmatisierung vermeiden? Kann sichergestellt werden, dass eine fehlerfreie Bedienung sowie die Erfordernisse an Sicherheit und Hygiene auch durch die Patient*innen selbst oder pflegende Angehörige erfüllt werden können?
Die Erarbeitung der Konzepte und Gestaltungsvarianten erfolgte mit unterschiedlichen analogen und digitalen Mock-ups und Prototypisierungen. Ergebnis war ein detaillierter Entwurf mit einem finalen Designmodell. Im Rahmen von „hands on – care“ gab es außerdem Einführungsveranstaltungen in unterschiedliche Werkstätten in Weißensee – die Holzwerkstatt (Holzbearbeitung und Schaum), die Werkstatt für Metall- und Kunststoff (inklusive Tiefziehen und Vakuumguss) sowie das Solid Rapid Prototyping Lab.
Betreuung: Prof. Nils Krüger, Jörg Hugo, Anne Wittkuhn, Adrian Haase, Julian Goretzky
Teilnehmer:innen: Laurenz Max Loevenich, Cord Matheo Romahn, Yu-Chun Hsiao, Janine Fingerle, Luke Antek Frommann, Georg Hättasch, Sewon Kim, Carlo Melerski, Liam Borsa, Tahelah Fretwurst, Nhung Le Phuong, Shira Rosner, Amy Graves, Gesa Hansen
axolo2
axolo2
Liam Borsa, Tahelah Fretwurst
axolo2 ist ein System zur Unterstützung der Atmung für die nächste Generation von Menschen, die mit COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) im Stadium 2 leben und deshalb zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Das Ziel ist es, diesen Übergang zu externem Sauerstoff so reibungslos wie möglich zu gestalten und zu entstigmatisieren.
Das System axolo2 liefert nicht nur den benötigten Sauerstoff, sondern hat auch noch Stil! Mit seinem vielseitigen Tragesystem können die Benutzer:innen ihren aktiven sozialen Lebensstil beibehalten, auch wenn ihre Symptome fortschreiten.
exoPar
exoPar
Yu-Chun Hsiao, Janine Fingerle
exoPar, ein weiches, kostengünstiges Exoskelett, ist ein Unterstützungssystem, das speziell auf die Bedürfnisse von Lieferfahrern zugeschnitten ist. Auslieferungsfahrer müssen bis zu 200 Pakete pro Tag ausliefern und machen an vielen Tagen Überstunden. Das Hauptproblem ist das häufige Bücken, das schwere Heben, die schlechte Sitzhaltung beim Fahren und das einseitige Tragen. All dies belastet die Muskeln und die Wirbelsäule und führt oft zu starken Rückenschmerzen.
exoPar stützt, wo und wann es gebraucht wird, und sorgt gleichzeitig für Bewegungsfreiheit. Das System ist modular aufgebaut, damit es an verschiedene Körpergrößen und -formen angepasst werden kann.
Die meisten der vorhandenen Exoskelette sind speziell für schweres Heben oder monotone, sich wiederholende Bewegungen konzipiert. Das Benutzerszenario bei der Paketzustellung ist jedoch komplexer. Sie müssen nicht nur schwere und sich wiederholende Hebearbeiten ausführen, sondern auch zum Zielort fahren und andere Aufgaben erledigen, während sie Pakete tragen. Folglich können die vorhandenen Exoskelette ihren Anforderungen nicht gerecht werden. Aufgrund des Mechanismus der meisten bestehenden Exoskelette, der sich in der Regel auf dem Rücken befindet, würden sie sich beim Fahren sogar unwohl fühlen. Außerdem sind die vorhandenen Exoskelette oft schwer, schränken die natürliche Bewegungsfreiheit des Benutzers ein und sind aufgrund ihrer komplexen Struktur und Mechanik in der Regel teuer, was die Bereitschaft der Zustellunternehmen, sie für ihre Mitarbeiter anzuschaffen, verringert. Daher wollten wir ein weiches Exoskelett entwerfen, das leicht, kostengünstig und auf die Bedürfnisse von Paketzustellern ausgerichtet ist.
Polly
Polly - Behandlung von Harninkontinenz
Amy Graves, Gesa Hansen
Polly ist ein Service, bei dem Frauen per App ihre Harninkontinenz tracken und diagnostizieren können. Harninkontinenz ist die häufigste chronische Krankheit unter Frauen in Deutschland, rund ein Viertel sind betroffen.
Polly soll betroffene Frauen durch den Alltag begleiten und vor allem auch Informationen rund um das Thema Inkontinenz bieten. Mit der Polly App können Patientinnen durch ein intuitives Interface ein Miktionsprotokoll (Flüssigkeitstagebuch) führen, dass durch die App ausgewertet werden kann. Mit dieser Erkenntnisgewinnung wird der Patientin nun entsprechende Behandlungen und disktrete Hilfsmittel in Form von Inkontinenz Pads angeboten.
Für eine Diagnose wird ein Miktionsprotokoll erstellt, bei dem Patientinnen ein Flüssigkeitstagebuch führen. Jeder Toilettengang, Urinverlust und jede Flüssigkeitsaufnahme werden dokumentiert. Die Polly App digitalisiert das Miktionsprotokoll erstmalig und ermöglicht ein einfaches Notieren der Daten durch ein intuitives Interface. Nach fünf Tagen Miktionsprotokoll wertet die Polly App die Daten aus und erstellt eine erste Diagnose, welche Form der Inkontinenz vorliegt. Mit dieser Erkenntnisgewinnung kann die Patientin nun entsprechende Behandlungen, Hilfsmitteln und Inkontinenz Pads finden. Es wird der Patientin auch angeboten ein diskretes Abonnement abzuschließen, indem ihr monatlich die passenden Pads per Post zugesendet werden. Polly soll betroffene Frauen durch den Alltag begleiten und vor allem auch Informationen rund um das Thema Inkontinenz bieten. Polly bieten einerseits die Möglichkeit das Thema diskret zu behandeln. Auf der anderen Seite soll Polly aufklären und betroffenen Frauen zeigen, dass sie mit ihrer Erkrankung nicht allein sind.
Die Polly Pads haben Markierungen, die anzeigen, wie viel Urin aufgenommen wurde. So kann man die Menge einfach ablesen und eintragen.
Die gleiche Markierung wird in der App verwendet, sodass man die Menge einfach und intuitiv abschätzen kann.
Die Verpackung und das Silikon-Case ergänzen die Polly App. Da Harninkontinenz ein sehr intimes Thema ist sind die Polly Produkte diskret gestaltet und ermöglichen es betroffenen Frauen ihre Erkrankung für sich zu behalten. Die Verpackung verrät von außen nicht um welches Produkt es sich handelt und ähnelt eher einem Perioden Artikel, wodurch sie im Badezimmer nicht weiter auffällt. Durch eine leichte Schräge am Boden der Verpackung wird das einfache Entnehmen der einzelnen Pads ermöglicht.
lenze
lenze
Luke Frommann, Georg Hättasch
lenze ist ein Hilfsmittel zur Steigerung von Mobilität und Sicherheit im Alltag von Schlaganfallpatient:innen. In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, der häufig zu einem Gesichtsfeldausfall führt. Dies führt zu zahlreichen Herausforderungen für die Betroffenen, darunter eingeschränkte Mobilität und Unsicherheit im Alltag, insbesondere in unbekanntem Umfeld im öffentlichen Räumen.
Lenze bietet eine intuitive und effektive Interaktion mit der Umgebung, indem es durch ein differenzierte haptische Feedback ein hohes Maß an Sicherheit und Komfort gewährleistet. So wird durch dieses Hilfsmittel, die Selbstständigkeit wiederhergestellt um die Betroffenen im Alltag zu unterstützen.
PROSTHETIC LAB
PROSTHETIC LAB
Laurenz Max Loevenich, Cord Matheo Romahn
Das mobile „Prosthetic Lab“ ermöglicht in Krisengebieten einen kostengünstigen und lokalen Zugang zu Prothesen durch eine mobile Werkstatt, die parametrische Armprothesen mittels 3D-Scan und 3D-Druck herstellt. Die traditionelle Herstellung von Prothesen ist ein aufwändiger und teuer Prozess. Im Kontrast dazu steht, dass sich 80% der Amputationsopfer in Krisengebieten befinden, denen oft die finanziellen Mittel und der lokale Zugang zu Prothesen fehlt. Mit der mobilen „Prosthetic Lab“ Werkstatt soll diesen Menschen geholfen werden, indem ein lokaler und günstiger Zugang zu Prothesen geschaffen wird und durch ein Open-Source-System die kontinuierliche Weiterentwicklung gefördert wird.
Aufbau Prothese
Die parametrische Armprothese besteht aus einem modularen Aufbau:
Vorne sitzt ein Konnektor zur einfachen Befestigung wechselbarer Aufsätze. Der 3D-gedruckte Hauptkörper enthält die Motoreinheit, die Bewegungen steuert. Für sicheren Halt am Stumpf sorgen eine Bandage und eine formstabile Hartschale.
Das Ergebnis ist eine anpassungsfähige, funktionale Prothese, die besonders in Krisengebieten eine praktische Hilfe bietet.
Aufbau der Werkstatt
Die mobile Werkstatt besteht aus drei flexibel kombinierbaren Modulen und passt sich unterschiedlichen Raumsituationen an.
– Filament-Modul: Enthält eine breite Auswahl an Filamenten in verschiedenen Materialien für den 3D-Druck der Prothesenteile.
– Hauptmodul: Ausgestattet mit Lochplatte, Werkzeugen und einem 3D-Drucker zur Weiterverarbeitung und Fertigung.
– Lager-Modul: Beinhaltet vorgefertigte Komponenten wie Motormodule oder Konnektoren, angepasst an verschiedene Prothesentypen.
Gemeinsam ermöglichen die Module eine effiziente, ortsunabhängige Herstellung individuell angepasster Prothesen.
Digitale Schnittstelle
Die digitale Schnittstelle des Konzepts fungiert als eine Plattform, die den Austausch zwischen den Patienten und Nutzern in Bezug auf die Funktionalität der Prothese ermöglicht. Darüber hinaus nutzen wir das enorme Potenzial der Open-Source-Schnittstelle. Nutzer haben die Möglichkeit, 3D-Modelle für verschiedene Prothesenaufsätze herunterzuladen und diese selbst zu drucken. Zusätzlich können sie selbstmodellierte Aufsätze hochladen und somit mit der Community teilen, um die Kollektivkreativität und den Erfahrungsaustausch zu fördern. Dieser Ansatz stärkt die Partizipation der Nutzer und trägt dazu bei, individuelle Anpassungen und Innovationen in der Prothesenentwicklung voranzutreiben.
ORAFLEX – toothbrush
ORAFLEX – toothbrush
Nhung Le Phuong, Shira Rosner
ORAFLEX ist eine revolutionäre Zahnbürste, die Innovation, Funktionalität und Personalisierung kombiniert, um das Mundpflegeerlebnis zu verändern. Mit dem Fokus auf Druckkontrolle und Feedback, Anpassungsfähigkeit und Hygiene wird diese Zahnbürste die Art und Weise, wie Zähne gepflegt werden, neu definieren. Eines der herausragenden Merkmale der Zahnbürste ist die fortschrittliche Technologie zur Druckrückmeldung. Sensoren in der Zahnbürste erkennen die beim Putzen ausgeübte Kraft. Beim Zähne putzen, zeigt die Zahnbürste in Echtzeit visuell und taktil an, welcher Druck für eine effektive Reinigung optimal ist. Die zugehörige App gibt einen Überblick über die individuellen Zahnputzdaten.
Das oraflex Set besteht aus Bürstenköpfen, dem Körper, dem Unter- und Oberteil, dem Lichtanhänger und einem Ladeadapter.
Der Lichtanhänger und die Zahnbürste werden induktiv magnetisch über den Adapter aufgeladen. Es ist auch möglich, dass die Zahnbürste über den Lichtanhänger aufgeladen wird, wenn der Lichtanhänger aufgeladen ist. Dies ermöglicht eine bequeme Platzierung, wenn sie nicht in Gebrauch ist.
Fixecure
Fixecure
Sewon Kim, Carlo Melerski
FIXECURE ist eine völlig neue Art von „Gips“, die leichter, atmungsaktiver, haltbarer und schneller aushärtet als die herkömmliche Methode. In erster Linie stabilisiert die individuelle Struktur das Handgelenk, dies ist ein entscheidender Schritt bei der Knochenheilung. Im Gegensatz zu Gipsverbänden, die die Luftzirkulation einschränken, halten die offene Form und die luftige Hülle des Fixecure den Körper trocken und lassen die Luft über der Haut zirkulieren. Nicht zuletzt passt sich der Fixecure durch seine maßgeschneiderte Form genau dem Arm an. Jeder Fixecure ist individuell und basiert auf einem Scan der betroffenen Körperpartie. Dieser Prozess ist automatisiert, so dass direkt aus dem Scan ein kodiertes Modell erstellt werden kann, das im Handumdrehen für den 3D-Druck bereit ist!
Anwendung
Die elastische Manschette ersetzt eine herkömmliche Bandage, lässt sich leicht anlegen und ist gut belüftet. Die individuell angepasste Basisschale stabilisiert Handgelenk und Unterarm und unterstützt die Knochenheilung. Die Deckschale sorgt für zusätzliche Ruhigstellung und maximalen Schutz. Beide Schalen werden mit einem dezenten Klettverschluss sicher fixiert und lassen sich präzise einstellen. Sobald weniger Stabilität nötig ist, kann die Deckschale abgenommen werden – die Basisschale reicht dann zur Unterstützung aus. Ziel ist ein flexibles Produkt, das den Heilungsverlauf optimal begleitet.
